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Tencent zeigt Stärke trotz chinesischer Wirtschaftsflaute – Der Gaming-Riese trotzt allen Widrigkeiten
Im heißen Sommer chinesischer Games-Blockbuster hat Tencent das getan, was es am besten kann: Rekorde aufgestellt und Erwartungen übertroffen. Chinas wertvollstes Unternehmen meldete für das Septemberquartal einen Nettogewinn von satten 53,2 Milliarden Yuan (etwa 7,4 Milliarden Dollar) und damit einen Anstieg von beeindruckenden 47 % im Vergleich zum Vorjahr. Ein unverkennbarer Triumph inmitten eines angeschlagenen wirtschaftlichen Umfelds, das viele seiner Konkurrenten, darunter Alibaba und JD.com, in Mitleidenschaft gezogen hat.
Gaming als Tencents Lebensader: „Dungeon & Fighter Mobile“ trifft den Nerv
Die Gaming-Sparte, das Herzstück von Tencent, erlebte mit dem Release von „Dungeon & Fighter Mobile“, produziert gemeinsam mit Nexon Co., einen wahren Sommer der Erfolge. Diese mobile Version eines legendären Klassikers fesselte Millionen von Spielern und sorgte für dringend benötigte Impulse im Kerngeschäft von Tencent. Aber das war nicht alles: Mit „Black Myth: Wukong“ schuf Tencent ein Spiel, das als PC-Sensation einschlug und seine Stellung als führender Finanzier in der Spieleindustrie festigte.
Der Analyst Ivan Su von Morningstar bringt es auf den Punkt: „Spiele sind für Tencent wichtiger, als es auf den ersten Blick scheint.“ Tencent verschiebt den Fokus auf die interne Entwicklung und verabschiedet sich zunehmend von einem Marketing-zentrierten Modell. Damit strebt das Unternehmen eine verbesserte kreative Kontrolle an, die langfristig eine konstant hohe Qualität der Spiele verspricht. Ein strategischer Schachzug, der zeigt, dass Tencent bereit ist, seine kreative Unabhängigkeit zu stärken und sich als innovativer Spieleanbieter zu positionieren.
Das Vertrauen der Investoren wackelt
Doch trotz dieser Triumphe mehren sich die Herausforderungen für Tencent. Während die Gaming-Einnahmen Rekordzahlen schreiben, zeigt der Fintech- und Werbebereich Schwächen. Mit den anhaltenden wirtschaftlichen Unsicherheiten in China ist der Druck auf den Giganten enorm. Inmitten von Zinssenkungen und Schuldenrestrukturierungen, die die chinesische Regierung zur Belebung der Wirtschaft einsetzt, bleibt der Ausblick für Tencent durchwachsen. Der Markt könnte auf ein Plateau zusteuern, und Analysten erwarten, dass sich Tencents Wachstumsdynamik im kommenden Jahr stark verlangsamt.
Ein zusätzlicher Wermutstropfen ist Tencents Abhängigkeit von alternden Spielreihen. Titel wie „Honor of Kings“, das Aushängeschild von Timi Studios, haben zwar eine loyale Fanbasis, aber die Erschließung neuer Genres – etwa Open-World- oder Kampfspiele – ist riskant und könnte sich als Milliarden-Grab erweisen, falls die Spieler nicht mitziehen.
Internationaler Blick: Tencent auf Expansionskurs
Doch der Gaming-Riese hat längst den heimischen Markt hinter sich gelassen. Während in China das Wachstum möglicherweise ins Stocken gerät, soll der internationale Markt die Bilanz aufpolieren. Hochkarätige Spiele wie „Path of Exile 2“ und die Mobile-Version von „Valorant“ stehen vor ihrer Veröffentlichung und sollen außerhalb Chinas für Aufwind sorgen. Zudem könnte ein strategischer Deal mit Ubisoft Entertainment SA anstehen – Gerüchten zufolge plant Tencent, die angeschlagene französische Spielefirma gemeinsam mit deren Gründungsfamilie von der Börse zu nehmen. Dies wäre ein mutiger Schritt, der Tencents globales Portfolio noch weiter stärken könnte.
WeChat: Das Kronjuwel von Tencents Imperium
Und dann ist da noch WeChat. Die Super-App ist mehr als nur ein Kommunikationsmittel – sie ist der Dreh- und Angelpunkt von Tencents digitalem Imperium. Mit über einer Milliarde aktiver Nutzer ist sie die Plattform für alles: von Mini-Games bis hin zu Live-Shopping und Offline-Zahlungen. Kürzlich fanden sogar Gespräche mit Apple statt, um neue Einnahmequellen über eine mögliche Gebührenteilung bei In-Game-Käufen zu erschließen.
Langfristig setzt Tencent auf generative KI und hält damit Anschluss an den globalen Trend der Tech-Industrie. Während Rivalen wie ByteDance und Baidu im Rennen um innovative KI-Integrationen vorpreschen, bleibt Tencent in einer Beobachterrolle. Erste Erfolge sind jedoch spürbar: Die KI-Modelle verbessern bereits die Werbe-Targeting-Präzision und könnten bald noch tiefere Spuren im Tencent-Ökosystem hinterlassen.
Das große Bild: Tencents Balanceakt
Die kommenden Monate werden zeigen, ob Tencent in der Lage ist, das bisherige Momentum beizubehalten. Mit dem Peak der Gaming-Dynamik in Sicht und einem schwächelnden Fintech- und Werbegeschäft könnte Tencents Aufstieg ins Stocken geraten. Doch eines ist sicher: Die nächste Herausforderung ist nie weit entfernt.