Ticker
Hohe Löhne, sinkende Produktion: Warum Deutschlands Autowerke im globalen Standortwettbewerb verlieren


Mit durchschnittlich über 3300 Dollar pro Fahrzeug sind die Arbeitskosten in deutschen Autowerken globaler Spitzenwert. Eine neue Studie der Strategieberatung Oliver Wyman zeigt, wie weit Deutschland bei der Produktionseffizienz hinterherhinkt. Während in China 597 Dollar pro Fahrzeug fällig werden, sind es hierzulande fünfeinhalb Mal so viel. Selbst in Hochlohnländern wie den USA und Frankreich fallen die Personalkosten pro Auto nicht einmal halb so hoch aus wie in Deutschland.
Die Zahlen werfen eine zentrale Frage auf: Ist Fahrzeugbau in Deutschland unter heutigen Bedingungen noch wirtschaftlich darstellbar? Denn die Personalkosten – bestehend aus Löhnen, Sozialabgaben und Altersvorsorge – machen zwischen zehn und zwanzig Prozent der Fahrzeugkosten aus. Im Gegensatz zu Materialpreisen lassen sich diese Kosten theoretisch stärker beeinflussen, durch Tarifpolitik, Standortentscheidungen oder Automatisierung.
„Wir sehen teils extreme Unterschiede bei den Fertigungskosten weltweit“, sagt Daniel Hirsch, einer der Studienautoren. In Einzelfällen würden in Deutschland bis zu 8000 Dollar pro Fahrzeug anfallen – in China teilweise nur 200. Neben hohen Löhnen belasten die Industrie teurer Strom, hohe Abgaben sowie aufwendige Bürokratie.
Tatsächlich verlagern deutsche Hersteller zunehmend Produktion ins Ausland. Volkswagen, BMW, Mercedes-Benz und Opel bauen Kapazitäten in Märkten wie den USA, China oder Ungarn aus. Mercedes fertigt den Bestseller GLC ab 2027 nicht mehr nur in Sindelfingen und Bremen, sondern auch in den USA – aus Kostengründen. Audi prüft ähnliche Schritte, und VW entwickelt wichtige Plattformen wie CSP direkt mit chinesischen Ingenieuren vor Ort.
Die Konsequenz: Die Pkw-Produktion in Deutschland sank zwischen 2014 und 2024 um 27 Prozent. Läuft dieser Trend weiter, droht der Verlust eines der bedeutendsten industriellen Ökosysteme Europas – von Maschinenbau über Forschung bis Zulieferbetriebe.
Der Kostendruck wird durch geopolitische Entwicklungen weiter verschärft. US-Präsident Trump hatte Importzölle von 25 Prozent auf europäische Fahrzeuge verhängt – ein zusätzlicher Belastungsfaktor für deutsche Exporteure. Der Standort Deutschland gerät durch die Kombination aus Deglobalisierung, regionaler Produktion und politisch motivierten Handelsbarrieren strukturell ins Hintertreffen.
Branchenexperten wie Fabian Brandt von Oliver Wyman fordern daher konsequentere Sparmaßnahmen, eine stärkere Automatisierung und eine Verschlankung des Modellportfolios. Ohne strukturelle Reformen drohe nicht nur der Verlust weiterer Werke, sondern eine langfristige Aushöhlung der industriellen Substanz.
Zugleich nimmt die Kritik an der politischen Rahmensetzung zu. Fördermaßnahmen, Energiekosten und Arbeitszeitregelungen wirkten standortbelastend, so Brandt. „Hohe Feiertagsdichte, großzügige Lohnabschlüsse und geringe Flexibilität setzen falsche Anreize.“ Investitionen in moderne Produktionsanlagen lohnten sich unter diesen Bedingungen oft nicht – vor allem, weil KI-Systeme, Robotik und Sensorik erhebliche Energiemengen verschlingen.
Das Rennen um die Zukunft der globalen Fahrzeugproduktion hat sich längst beschleunigt. Deutschland droht den Anschluss zu verlieren.

Bei Nachrichten von Eulerpool handelt es sich um extern erstellte Tickermeldungen. Ihre Einbettung erfolgt automatisch. Sie werden von uns nicht überprüft oder bearbeitet.
