Ratgeber
Mehr als nur Umsatz: Wie der Share of Wallet über echten Kundenerfolg entscheidet
In einer zunehmend wettbewerbsintensiven Wirtschaft wird es für Unternehmen immer wichtiger, nicht nur neue Kunden zu gewinnen, sondern auch das volle Potenzial bestehender Kundenbeziehungen auszuschöpfen. In diesem Kontext gewinnt der Begriff „Share of Wallet“ (SOW) stetig an Bedeutung. Dabei handelt es sich um einen betriebswirtschaftlichen Kennwert, der angibt, welcher Anteil der Gesamtausgaben eines Kunden für eine bestimmte Produkt- oder Dienstleistungskategorie an ein bestimmtes Unternehmen fließt. Der Fokus liegt somit nicht nur auf dem absoluten Umsatz, sondern auf dem relativen Anteil am verfügbaren Budget des Kunden.

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Im Gegensatz zur klassischen Umsatzbetrachtung, bei der nur die Gesamteinnahmen eines Unternehmens im Vordergrund stehen, erlaubt die Analyse des Share of Wallet eine differenzierte Sichtweise auf das Konsumverhalten einzelner Kunden. So kann beispielsweise ein Kunde regelmäßig bei einem Unternehmen einkaufen und dennoch nur einen geringen Anteil seines gesamten Budgets dort ausgeben. Die genaue Kenntnis dieser Relation ermöglicht es Unternehmen, gezieltere Maßnahmen zur Kundenbindung und Umsatzsteigerung zu ergreifen.
In der Praxis ist der Share of Wallet vor allem im Handel, im Bankwesen und in der Telekommunikationsbranche von besonderer Bedeutung. Unternehmen in diesen Branchen verfügen häufig über umfangreiche Datenbestände zu ihren Kunden, was eine präzisere Berechnung und Analyse des SOW ermöglicht. Der zentrale Vorteil liegt dabei in der Möglichkeit, ungenutzte Umsatzpotenziale zu identifizieren und gezielt auszuschöpfen.
Share of Wallet: Berechnung und methodische Ansätze
Die Berechnung des Share of Wallet gestaltet sich in der Praxis oft komplex, da sie auf einer Reihe von Annahmen und teilweise schwer zugänglichen Daten basiert. In der einfachsten Form ergibt sich der SOW aus dem Verhältnis zwischen den Ausgaben eines Kunden bei einem bestimmten Anbieter und den Gesamtausgaben des Kunden in der jeweiligen Produktkategorie.
Formelhaft lässt sich dies wie folgt darstellen:
Share of Wallet = Ausgaben bei Unternehmen A / Gesamtausgaben des Kunden für die Produktkategorie
Die Herausforderung liegt darin, valide Informationen über die gesamten Ausgaben eines Kunden zu erhalten. Während die unternehmensinternen Daten meist präzise vorliegen, sind Informationen über das Einkaufsverhalten bei der Konkurrenz in der Regel nicht direkt zugänglich. Hier kommen oft Befragungen, Marktanalysen oder Data-Mining-Verfahren zum Einsatz, um ein möglichst realistisches Gesamtbild zu ermitteln. Ergänzend werden in der Praxis auch prädiktive Modelle und KI-basierte Tools eingesetzt, um auf Basis historischer Kaufdaten und Verhaltensmuster Prognosen über das Wallet-Potenzial eines Kunden zu erstellen.
Strategien zur Erhöhung des Share of Wallet
Die gezielte Steigerung des Share of Wallet erfordert ein tiefes Verständnis der Kundenbedürfnisse sowie eine konsequente Ausrichtung aller Maßnahmen an deren Präferenzen. Ein bewährter Ansatz besteht in der Personalisierung von Angeboten. Durch maßgeschneiderte Produktempfehlungen, individuelle Preisgestaltungen oder exklusive Zusatzleistungen lässt sich die Bindung an ein Unternehmen stärken und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Kunden einen größeren Teil ihres Budgets dort ausgeben.
Ein weiterer Erfolgsfaktor liegt in der Intensivierung der Kundenbindung durch Loyalty-Programme. Bonussysteme, Treuepunkte oder exklusive Rabatte können Anreize schaffen, um den Anteil der Käufe bei einem bestimmten Anbieter zu erhöhen. Ebenso spielt das Omnichannel-Management eine zentrale Rolle. Unternehmen, die ihren Kunden nahtlose Einkaufserlebnisse über verschiedene Kanäle hinweg bieten – sei es online, stationär oder mobil –, steigern nicht nur die Zufriedenheit, sondern auch die Wahrscheinlichkeit einer höheren Wallet-Allokation.
Darüber hinaus ist die Qualität des Kundenservices ein nicht zu unterschätzender Aspekt. Kunden, die positive Erfahrungen mit einem Unternehmen machen, neigen dazu, dieses bevorzugt gegenüber Mitbewerbern zu berücksichtigen. Ein reibungsloser Service, kompetente Beratung und eine schnelle Problemlösung wirken sich somit direkt auf den SOW aus.
Einflussfaktoren und Herausforderungen
Der Share of Wallet wird von zahlreichen internen und externen Faktoren beeinflusst. Auf Kundenseite spielen insbesondere Einkommen, Konsumgewohnheiten, Markenloyalität und persönliche Präferenzen eine Rolle. Auf Unternehmensseite wirken sich vor allem Produktportfolio, Preisgestaltung, Vertriebsstrategie und Markenimage auf den Anteil am Kundenbudget aus.
Eine zentrale Herausforderung liegt in der Fragmentierung der Kundenpräferenzen. In einer Zeit, in der Konsumenten zwischen zahlreichen Anbietern, Produkten und Services wählen können, ist es für Unternehmen schwierig, dauerhaft einen signifikanten Anteil am Wallet zu sichern. Hinzu kommt die zunehmende Bedeutung digitaler Vergleichs- und Empfehlungsplattformen, die die Wechselbereitschaft der Kunden fördern.
Ein weiterer Aspekt ist die Messbarkeit des Share of Wallet. Wie bereits erwähnt, basiert die Berechnung häufig auf Annahmen und indirekten Messmethoden. Dies erfordert nicht nur fundierte analytische Kompetenzen, sondern auch die Fähigkeit, mit Unsicherheiten und Schätzungen umzugehen. Unternehmen müssen deshalb ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Datenorientierung und strategischer Intuition finden.

Anne Kläs hat einen Master of Education in Französisch und Religion, ist Expertin für hochwertigen Content und beim Gewinnermagazin für das Führen von Unternehmer-Interviews verantwortlich.
