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Novo Nordisks Gewichtiger Rückschlag: Warum 20 % weniger nicht mehr genug sind
20 % weniger Gewicht. Was vor wenigen Jahren als medizinischer Meilenstein gefeiert worden wäre, ist heute kaum mehr als ein Achselzucken wert. Diese Woche traf Novo Nordisk ein schwerer Schlag: Die Studienergebnisse ihres vielversprechenden Adipositas-Medikaments CagriSema verfehlten das selbstgesteckte Ziel von 25 % Gewichtsverlust. Die Konsequenz? Ein Börsenabsturz von 21 % und ein Verlust von rund 90 Milliarden Euro an Marktkapitalisierung – das Gewicht eines halben Kontinents.
CagriSema, eine Kombination aus Semaglutid (bekannt aus Ozempic und Wegovy) und Cagrilintid, verspricht, das Sättigungsgefühl zu steigern und den Blutzucker zu regulieren. Die Studien zeigen beeindruckende Ergebnisse: Teilnehmer verloren im Schnitt 20,4 % ihres Körpergewichts, manche sogar bis zu 23 %, wenn sie die höchste Dosierung einnahmen. Dennoch bleibt ein bitterer Beigeschmack. Nur 57 % der Probanden hielten die maximale Dosis durch, vermutlich aufgrund von Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden.
Warum reicht „gut“ nicht mehr aus?
Der Markt für Adipositasmedikamente hat in den letzten drei Jahren eine Revolution erlebt. Unternehmen wie Novo Nordisk und Eli Lilly liefern sich einen erbitterten Wettkampf um die Vormachtstellung in einem Markt, der bis 2030 auf 130 Milliarden Dollar anwachsen könnte. Doch mit steigenden Erwartungen wachsen auch die Risiken. Investoren sehen CagriSema als das Zugpferd für Novos Zukunft ab 2030 – ein verfehltes Ziel von 25 % Gewichtsreduktion weckt Zweifel, ob die Euphorie um Adipositas-Medikamente übertrieben war.
Konkurrent Eli Lilly hat derweil die Nase vorn. Ihr Medikament Zepbound erzielte in direkten Vergleichsstudien bessere Ergebnisse als Novos bisheriger Bestseller Wegovy: 20 % gegenüber 14 % Gewichtsverlust. Lillys nächster Kandidat, Retatrutid, könnte die Messlatte noch weiter anheben. Dazu kommt: Lieferengpässe bei Zepbound scheinen endlich behoben, wodurch die Nachfrage weiter steigen dürfte.
Das Rennen der Hormone
CagriSema ist Teil einer neuen Generation von Medikamenten, die auf Hormonkombinationen setzen, um den Appetit zu kontrollieren und das Gewicht zu senken. Die Forschung geht weit über die Waage hinaus: Es geht um Blutzuckerkontrolle, Cholesterinwerte und die Behandlung von Folgekrankheiten wie Diabetes. Doch jede Innovation steht unter intensiver Beobachtung. Ein kleiner Fehltritt, und Konkurrenten wie Amgen oder Viking Therapeutics wittern ihre Chance.
Was bedeutet das für Novo Nordisk?
Die nächsten Jahre werden herausfordernd. Unter dem Inflation Reduction Act drohen in den USA Preiskontrollen für Semaglutid, was ab 2027 die Margen schmälern könnte. Hinzu kommen mögliche Generika ab 2030, die Novos Marktanteil gefährden. Die Hoffnung ruht jetzt auf neuen Studien, die CagriSemas Potenzial durch angepasste Dosierungen optimieren sollen. Ergebnisse werden 2025 erwartet.
Ein Milliardenmarkt in Bewegung
Während Investoren die Aktienkurse genau beobachten, sollten wir nicht vergessen, wer die eigentlichen Gewinner sein könnten: Millionen Menschen, die mit Adipositas und chronischen Krankheiten kämpfen. Sie verdienen bezahlbare und wirksame Behandlungen. Die Revolution in der Adipositas-Therapie mag ein schwieriges Rennen sein, doch sie könnte die Lebensqualität von Millionen nachhaltig verändern.
Novo Nordisk bleibt im Spiel, doch der Druck steigt – und das Rennen um die Vorherrschaft im Milliardenmarkt wird härter denn je.