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Le Pens Scheinvertragssystem: EU-Gelder flossen jahrelang in Parteikreise – nun folgt das politische Aus

Zwischen 2004 und 2016 flossen insgesamt 4,4 Millionen Euro an EU-Geldern über Scheinverträge an Vertraute von Marine Le Pen – darunter Familienmitglieder, Sicherheitsleute und enge Parteifreunde. Das System, das sie persönlich orchestriert haben soll, führte nun zu ihrem politischen Absturz. Ein Pariser Gericht sprach Le Pen schuldig der Veruntreuung öffentlicher Mittel, verhängte vier Jahre Haft – davon zwei auf Bewährung – und schloss sie mit sofortiger Wirkung von künftigen Wahlen aus.

Damit endet vorerst die Präsidentschaftsambition einer Politikerin, die noch vor wenigen Monaten als Favoritin für 2027 galt. Die Richter betonten zwar, Le Pen habe sich nicht persönlich bereichert, doch es handele sich um eine „doppelte Täuschung“ – gegenüber dem Parlament und dem Wähler.

Im Zentrum der Ermittlungen standen EU-Mittel, die eigentlich zur Finanzierung von Assistenten für Europaabgeordnete gedacht waren. Ab 2014, dem Jahr des Wahlerfolgs mit 24 Sitzen im EU-Parlament, stand der Partei damit ein monatliches Budget von rund 22.000 Euro pro Abgeordnetem zur Verfügung – mehr als 65 Prozent des gesamten Parteibudgets. Marine Le Pen, damals Parteichefin, rief die neuen Abgeordneten zusammen und instruierte sie laut Zeugenaussagen, nur einen Assistenten direkt zu beschäftigen und den Rest der Mittel an die Partei weiterzuleiten.

Kritik kam intern sofort. Jean-Luc Schaffhauser warnte den damaligen Schatzmeister Wallerand de Saint-Just schriftlich: „Was Marine von uns verlangt, entspricht der Unterschrift unter fiktive Jobs.“ Die Verantwortung trügen die Abgeordneten selbst, nicht die Partei. De Saint-Just antwortete lapidar: „Ich denke, Marine weiß das alles.“

Besonders lukrativ war die Anstellung des Sicherheitsmanns Thierry Légier. Er kassierte über Jahre als parlamentarischer Assistent Gehalt – teils über 700.000 Euro. Dabei war er laut Gericht in erster Linie für die Sicherheit der Le Pens zuständig. Auch Le Pens Schwester Yann Le Pen und ihre frühere Schwägerin Catherine Griset erhielten Zuwendungen über EU-Verträge. Alle drei wurden zu Bewährungsstrafen und Ämtersperren verurteilt.

Die französische Justiz kam der Struktur erst durch einen Hinweis 2014 auf die Spur. Die EU-Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF wurde aktiv, als Martin Schulz, damaliger Präsident des EU-Parlaments, Parteistrukturen und Abgeordnetenverträge gegenüberstellte. In vielen Fällen stimmten Namen auf Organigrammen mit denen angeblicher Brüsseler Assistenten überein. Es folgten Durchsuchungen, E-Mail-Auswertungen und Aussagen von Abgeordneten, die bestätigten: Die Beschäftigten arbeiteten nicht für sie, sondern für die Partei oder direkt für die Le-Pen-Familie.

Marine Le Pen verteidigte sich vor Gericht mit dem Verweis auf flexible Regeln in früheren Jahren. Die Assistenten hätten parteinahe Aufgaben übernommen – auf freiwilliger Basis. Dass sie systematisch von EU-Geldern bezahlt wurden, sei „kein krimineller Vorsatz“. Die Richter sahen das anders: Es sei ein strukturiertes System gewesen, das sie als Parteichefin aktiv verwaltet habe – inklusive gezielter Personalempfehlungen und zentral gesteuerter Auszahlung über externe Dienstleister.

Für Le Pen hat die sofortige Sperre schwerwiegende Konsequenzen: Eine Berufung ist zwar möglich, doch angesichts der langen Dauer solcher Verfahren ist eine Teilnahme an der Präsidentschaftswahl 2027 unwahrscheinlich. Das Appellationsgericht kündigte bereits eine beschleunigte Prüfung an – ein ungewöhnlicher Schritt in der französischen Justizpraxis. Doch selbst bei erfolgreicher Anfechtung bleibt ein politischer Schatten zurück: Ein System, das darauf angelegt war, staatliche Mittel zu zweckentfremden – und das unter der direkten Verantwortung einer Juristin, die das Gesetz eigentlich kennen müsste.

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