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Europa rückt in den Fokus – Anleger kehren den USA unter Trump den Rücken


Der tektonische Wandel in den globalen Kapitalströmen nimmt Fahrt auf: Europas Finanzmärkte erleben einen Zufluss internationaler Gelder, ausgelöst durch die wachsende Unberechenbarkeit der US-Handels- und Fiskalpolitik unter Präsident Donald Trump. Der Euro notiert auf dem höchsten Stand seit drei Jahren, deutsche Bundesanleihen schlagen US-Treasuries in der relativen Performance, und europäische Aktien zeigen sich widerstandsfähiger als ihre amerikanischen Pendants.
Noch vor einem halben Jahr dominierte US-Exzeptionalismus das Anlageklima: Künstliche Intelligenz, Steuererleichterungen, ein starker Dollar – die US-Märkte schienen unaufhaltsam. Doch Trumps protektionistische Rhetorik und die Eskalation von Zöllen gegen strategische Partner haben das Vertrauen in amerikanische Anlageklassen tief erschüttert.
Die europäischen Märkte profitieren von diesem Vertrauensverlust. Anleger suchen nach Stabilität jenseits des Atlantiks, nachdem Washingtons fiskalische Volatilität und sicherheitspolitische Abkopplung – wie zuletzt mit dem Ende der sicherheitspolitischen US-Garantie für Europa – zentrale Pfeiler des transatlantischen Gefüges ins Wanken gebracht haben. Deutschland etwa hat infolge dessen ein Infrastruktur- und Verteidigungsprogramm in dreistelliger Milliardenhöhe aufgelegt – ein Signal an Investoren.
Dabei setzen einige der größten Finanzadressen gezielt auf Europa. Vanguard bevorzugt kurzlaufende Anleihen im Euroraum, Goldman Sachs prognostiziert einen Eurokurs von 1,20 US-Dollar, während Citigroup US-Aktien auf „Neutral“ abstufte und gleichzeitig die Übergewichtung europäischer Aktien bestätigte.
Auch der S&P 500 gerät unter Druck: Ein Minus von 7,9 % seit Jahresbeginn steht einem Plus von 10 % beim Stoxx Europe 600 Index gegenüber – gemessen in US-Dollar. Trotz der Rally gelten europäische Aktien mit einem Bewertungsabschlag von rund 30 % gegenüber US-Titeln nach wie vor als günstig. Der historische Durchschnitt liegt bei 17 %.
Amundi, Europas größter Vermögensverwalter, setzt gezielt auf europäische Qualitäts- und Substanzwerte. CIO Vincent Mortier bringt es auf den Punkt: „Solche Momente gibt es nur alle 100 oder 200 Jahre. Europa ist zurück auf der Landkarte.“
Auch die Rentenmärkte spiegeln die Verlagerung. Deutsche Bundesanleihen gelten zunehmend als sicherer Hafen. Während die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen binnen fünf Tagen um 50 Basispunkte nach oben schoss, blieben Bunds weitgehend stabil. Für Anleger wie Nicolas Jullien von Candriam ist klar: „Heute bevorzugen wir Bunds – auch weil Deutschlands Schuldenniveau sehr niedrig bleibt.“
Zwar bleiben europäische Märkte nicht immun gegen einen möglichen US-Konjunkturabschwung, doch die strukturelle Stärke der Eurozone – bewährt etwa in der Pandemie-Krisenreaktion – scheint auch bei wachsender geopolitischer Unsicherheit tragfähig. Eine Zinssenkung der Europäischen Zentralbank am Donnerstag gilt als nahezu sicher.
Inmitten eines globalen Rebalancing der Handelsströme rückt Europa – lange Zeit als „Museum“ der Weltwirtschaft belächelt – wieder ins Zentrum. Für Anleger und Strategen ist klar: Die Ära uneingeschränkter US-Dominanz ist vorerst vorbei.

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