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„Das Copyright für die Billion“ – Wie zwei SPD-Beamte das größte Schuldenpaket der Republik entwarfen

Am Morgen des 4. März 2024 ist es so weit: Friedrich Merz, Lars Klingbeil, Saskia Esken und Markus Söder treten in nüchterner Kulisse im Bundestag vor die Presse. In ihren Händen ein Finanzplan, der alle Erwartungen sprengt: 500 Milliarden Euro für Investitionen, Verteidigungsausgaben künftig jenseits der Schuldenbremse – insgesamt ein Schuldenpaket von 1,7 Billionen Euro. Die Republik ist überrumpelt.

Was niemand weiß: Der Plan ist nicht das Ergebnis einer spontanen Einigung, sondern das Resultat monatelanger Vorbereitung – still, methodisch, verborgen im Maschinenraum des Bundesfinanzministeriums. Die Architekten: Jörg Kukies, kommissarischer Bundesfinanzminister, und sein Haushaltsstaatssekretär Steffen Meyer, beide SPD.

Bereits vor der Bundestagswahl ziehen sich die beiden zurück in ein Büro des BMF. Ihre Idee: eine systematische Öffnung der Schuldenbremse – nicht als parteipolitisches Manöver, sondern als technisch exaktes Konstrukt, das Haushaltslücken schließt und Investitionen ermöglicht. Was entsteht, ist ein Papier mit bis zu acht Versionen, fein säuberlich durchgerechnet, juristisch geprüft, intern als „Non-Paper“ klassifiziert – offiziell nicht existent, faktisch tonangebend.

Parallel laufen politische Vorbereitungen: Der saarländische Finanzminister Jakob von Weizsäcker versammelt vier renommierte Ökonomen – Hüther, Fuest, Südekum, Schularick – zu einem nächtlichen Brainstorming. Das Ergebnis: ein Vorschlag für zwei Sondervermögen über insgesamt 900 Milliarden Euro. Die SPD nutzt dieses Papier geschickt als Türöffner – die Union bringt es am nächsten Tag selbst in die Verhandlungen ein.

Noch bevor Kukies sein eigenes Papier präsentiert, warnt er die Sondierer der Union vor einer immensen Haushaltslücke von bis zu 150 Milliarden Euro. Die Zahlen sitzen – auch, weil sie als Warnsignal und Verhandlungsdruck zugleich wirken.

Als das Bundesfinanzministerium schließlich das eigentliche Konzept einbringt, liegt die Lösung auf dem Tisch: drei Modelle zur Finanzierung, eines davon mit Grundgesetzänderung. Verteidigungsausgaben sollen ausgenommen, Investitionen über ein Sondervermögen gestemmt werden. Die Wirkung auf die Verhandler ist frappierend – selbst Gegner neuer Schulden wie Fuest geben zu, dass die Größenordnung alternativlos erscheint.

Die finale Entscheidung trifft eine kleine Runde – darunter Jens Spahn, Michael Kretschmer, Achim Post und Doris Ahnen. Am Ende bleibt nur ein Vorschlag übrig, der auf ganzer Linie überzeugt: kein gedeckeltes Sondervermögen, sondern ein flexibler Mechanismus zur Verteidigungsfinanzierung, der auch geostrategisch wirkt.

Dass dieser Vorschlag nicht von den Parteichefs, sondern von Beamten stammt, wird im politischen Betrieb zunächst kaum registriert. Doch intern ist längst klar: Ohne Kukies und Meyer wäre dieser historische Deal nicht zustande gekommen. Selbst in der Union zollt man Respekt – „Hut ab“, sagt ein Unterhändler. Die SPD, so der Tenor, habe mit einem klaren Drehbuch agiert – und das Heft des Handelns übernommen.

Für Jörg Kukies bleibt dennoch kaum Hoffnung auf Verlängerung. Zu wenig Stallgeruch, zu viel Sachverstand. Und doch: Das „Copyright“ für das größte Schuldenpaket der Bundesrepublik gehört ihm und seinem Staatssekretär – und wird es wohl auch bleiben.

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