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Droht das Delisting chinesischer Aktien? – Washington erwägt Eskalation im Finanzsektor


Die Finanzmärkte könnten zum nächsten Schauplatz im Handelskonflikt zwischen den USA und China werden. US-Finanzminister Scott Bessent schloss am Donnerstag ein umfassendes Delisting chinesischer Unternehmen von amerikanischen Börsen nicht aus. „Alles liegt auf dem Tisch“, sagte Bessent im Interview mit Fox Business. Die finale Entscheidung werde bei Präsident Trump liegen.
Aktuell sind laut Börsendaten 286 chinesische Unternehmen an US-Börsen gelistet, darunter Schwergewichte wie Alibaba, JD.com, Baidu, Tencent Music und PDD Holdings. Der Großteil des US-Engagements erfolgt über sogenannte American Depositary Receipts (ADRs), die den Handel mit ausländischen Aktien auf US-Börsen ermöglichen.
Ein Delisting würde bedeuten, dass diese Papiere nicht mehr an US-Börsen gehandelt werden dürfen. Die rechtliche Grundlage für ein solches Vorgehen existiert seit 2020 durch den Holding Foreign Companies Accountable Act, der ausländischen Firmen den Börsenzugang entzieht, falls US-Behörden über drei Jahre keinen Zugang zu deren Prüfern erhalten. Zusätzlich könnte ein pauschales Investitionsverbot per Executive Order erfolgen – ein Schritt, den weder Trump noch Biden bislang vollzogen haben.
Die Folgen eines breiten Delistings wären tiefgreifend. US-Investoren halten laut Goldman Sachs derzeit rund 830 Mrd. USD an chinesischen Aktien. Ein abrupter Verkaufsdruck könnte nicht nur chinesische Aktienbewertungen unter Druck setzen, sondern auch die Liquidität in Hongkong belasten. Denn das Handelsvolumen etwa von Alibaba oder JD.com ist in New York ein Vielfaches dessen, was in Hongkong umgesetzt wird.
Ein Umtausch der ADRs in Originalaktien an der Börse in Hongkong wäre zwar möglich, doch viele Investoren dürften aus regulatorischen oder operationellen Gründen den Weg des Verkaufs wählen. Eine massive Abwertung der Titel wäre die unmittelbare Folge. Gleichzeitig droht ein Gegenschlag: Chinesische Investoren halten laut Goldman Sachs rund 370 Mrd. USD an US-Aktien sowie über 1,3 Bio. USD in US-Anleihen. Ein koordinierter Rückzug würde US-Märkte empfindlich treffen.
Dennoch gilt ein pauschales Delisting als unwahrscheinlich. Zongyuan Zoe Liu vom Council on Foreign Relations sieht darin eine „Einwegwaffe“ – einmal eingesetzt, sei sie nicht mehr verhandelbar, anders als Zölle, die politisch justierbar bleiben.
Trotzdem zeigt sich die Trump-Regierung zunehmend bereit, wirtschaftspolitische Maßnahmen auch dann zu verfolgen, wenn sie kurzfristig Märkte destabilisieren. Im Finanzsektor würde ein Delisting Chinas symbolisch wie strukturell eine neue Eskalationsstufe bedeuten – mit schwer kalkulierbaren Nebenwirkungen für beide Seiten.

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