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EU-Raumfahrtmarkt unter Druck: Thales und Airbus streben Allianz an, OHB warnt vor Monopol
Die europäische Raumfahrtindustrie steht vor einer bedeutenden Neuausrichtung, da Thales und Airbus Verhandlungen über eine strategische Allianz führen. Ziel ist die Schaffung eines europäischen Raumfahrtunternehmens, das Satellitenherstellung, Raumfahrtsysteme und -dienstleistungen bündelt. Diese mögliche Kooperation könnte die Konkurrenz im Markt erheblich einschränken, warnt Marco Fuchs, Leiter des drittgrößten Satellitenherstellers Europas, OHB.
Fuchs kündigte an, bei konkreten Vorschlägen der Allianz die Europäische Kommission wegen wettbewerbswidriger Praktiken zu informieren. „Das wäre ein sehr starker, marktdominierender Akteur. Wir sind besorgt. Ich denke, der Wettbewerb wird vermindert“, erklärte er gegenüber dem Financial Times. Eurogas, ein Branchenverband mit über 100 Mitgliedern wie Shell, TotalEnergies und Equinor, hat bisher keine konkreten Aussagen zu den Gründen für die Ablehnung gemacht. Insider zufolge spielen rechtliche Bedenken eine wesentliche Rolle, da die Fusion die Marktanteile auf etwa 59 Prozent erhöhen würde – deutlich über dem von der EU festgelegten Schwellenwert von 30 Prozent.
Die geplante Allianz kommt zu einem kritischen Zeitpunkt, da sowohl Thales als auch Airbus mit einem starken Rückgang in ihren traditionellen Telekommunikationssatellitenmärkten kämpfen. Die Konkurrenz durch Elon Musks Starlink-Netzwerk, das niedrigere Erdorbit-Positionen nutzt, hat den Marktanteil der etablierten Unternehmen erheblich geschrumpft. Zudem ist die europäische Raumfahrtindustrie durch eine geringere staatliche und institutionelle Nachfrage im Vergleich zu den USA benachteiligt, wo NASA, öffentliche Institutionen und das Pentagon große Aufträge vergeben.
Analysten wie Caleb Henry von Quilty Space sehen in der Allianz eine potenzielle Bedrohung für den europäischen Raumfahrtmarkt. „Eine Fusion der beiden größten europäischen Raumfahrtunternehmen würde die Anzahl der Prime Contractors drastisch reduzieren und den intra-kontinentalen Wettbewerb erschweren“, sagte Henry. Dies könnte dazu führen, dass Regierungen wie die deutsche verstärkt Aufträge an Unternehmen wie OHB vergeben, um eine wettbewerbsfähige Duopolstruktur aufrechtzuerhalten.
Trotz der Risiken betont ein Sprecher der Gespräche, dass die Allianz darauf abzielt, die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken und kritische Masse zu erreichen. Doch ohne ausreichende staatliche Unterstützung und eine robuste Nachfrage bleiben die Aussichten unsicher. Die bisherigen Verhandlungen, die im Sommer scheiterten, zeigen, dass eine Einigung schwierig sein könnte, insbesondere angesichts der schnellen Innovationszyklen, die durch Wettbewerber wie SpaceX beschleunigt wurden.