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Gesundheits-Apps: Milliardeninvestitionen, aber wo bleiben die Gewinne
Es klang nach einer Revolution: Gesundheits-Apps, die Schlaf überwachen, mentale Fitness stärken oder per KI Krankheiten diagnostizieren. Die Pandemie beschleunigte den Boom, und mit ihm strömten Milliarden in den Markt. Doch heute, einige Jahre später, fragen sich Investoren, wo die Rendite bleibt.
Ein Hype, der kam, sah – und stockte
Zu Hochzeiten der Pandemie wurden täglich 250 neue Gesundheits-Apps veröffentlicht. Zwischen 2020 und 2022 flossen über 100 Milliarden Dollar in den Sektor, meldet CB Insights. Besonders Mental-Health-Apps zogen Investoren an und dominierten die Liste der am besten finanzierten digitalen Wellness-Bereiche. Doch der Wettbewerb ist gnadenlos: Patienten wechseln oft problemlos zwischen Anbietern, was es teuer macht, sie langfristig zu binden.
Ein Paradebeispiel ist Teladoc, die Muttergesellschaft der Mental-Health-Plattform BetterHelp. Ihre Aktien haben sich 2024 mehr als halbiert – ein Indikator für die Schwierigkeiten der Branche. Gleichzeitig sorgt der Druck auf kleinere Start-ups für zusätzliche Risiken: Große Tech-Giganten drängen mit ihrer Finanzkraft auf den Markt.
Der Amazon-Effekt: Chance oder Fluch?
Ein Beispiel für die Dominanz großer Player zeigt Amazon. Seit der E-Commerce-Gigant den Telemedizinanbieter Talkspace in seinen Gesundheitsdienst integriert hat, sind deren Aktien um zwei Drittel gestiegen. Doch es gibt auch die Kehrseite: Als Amazon im November eine eigene Telemedizin-Lösung für Prime-Mitglieder einführte, fielen die Aktien von Hims & Hers Health am selben Tag um 15 Prozent. Die Anleger befürchten, dass kleinere Anbieter von Amazons Preiskrieg verdrängt werden könnten.
Interessanterweise konnte Hims & Hers Health trotz dieser Herausforderungen durch den Verkauf von GLP-1-Gewichtsverlust-Injektionen seinen Marktwert innerhalb eines Jahres um 160 Prozent auf 5,5 Milliarden Dollar steigern. Ein Beweis dafür, dass Innovation und ein klarer Fokus Investoren beruhigen können.
Die Rolle von KI: Die Hoffnung der Branche?
Während der allgemeine Finanzierungsboom abflachte – laut CB Insights lag das globale Equity-Funding 2024 bei nur einem Viertel des 2021er-Peaks –, zog ein neuer Trend Kapital an: Künstliche Intelligenz. Ein Drittel der digitalen Gesundheitsinvestitionen floss in KI-gestützte Start-ups.
Die Versprechen sind enorm: KI beschleunigt die Arzneimittelentwicklung, verbessert Diagnosen und steigert die Effizienz im Gesundheitswesen. Radiologie und Kardiologie profitieren bereits von datengetriebener Analysepower. Doch trotz ihres Potenzials bleibt die Technologie ein zweischneidiges Schwert. Datenschutz, Haftungsfragen und die Gefahr von Fehlinformationen („Halluzinationen“ der KI) werfen rechtliche und ethische Fragen auf.
Skalenprobleme: Warum Daten die neue Währung sind
Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht nur in der Technologie, sondern auch in der Skalierbarkeit und im Zugang zu proprietären Daten. Start-ups, die es nicht schaffen, eine einzigartige Nische zu besetzen oder ihren Datenschatz zu monetarisieren, stehen vor enormen Hürden.
Die digitale Gesundheitsbranche hat ohne Zweifel das Potenzial, die Medizin zu revolutionieren. Doch für Investoren bleibt sie – zumindest kurzfristig – ein Hochrisikospiel. Der Traum von garantierten Gewinnen ist vorerst nur das: ein Traum.