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Japans neue Premierministerin entfacht Streit über extreme Arbeitszeiten

Sanae Takaichi wollte ein Zeichen setzen – und löste stattdessen Alarm aus. Seit die erste Regierungschefin Japans öffentlich erzählt, sie schlafe „nur zwei Stunden“, arbeite bis spät in die Nacht und beginne ihren Tag um drei Uhr morgens, ringt das Land erneut mit einer alten Angst: Karoshi, der Tod durch Überarbeitung. Ein Wort, das leider Teil des japanischen Alltags ist.

Ein Arbeitsethos unter Beobachtung

Takaichi, die sich offen an Margaret Thatcher orientiert, versteht Leistung als politische Währung. Kurz nach ihrem Amtsantritt kündigte sie an, das Konzept der Work-Life-Balance „abzuschaffen“ – und verlangte von ihren Abgeordneten, „wie Pferde zu schuften“, um die Wahlniederlagen der LDP wettzumachen. Ausgerechnet in einem Land, das weltweit zu den härtesten Arbeitskulturen zählt.

Japaner arbeiten im Schnitt rund 1600 Stunden im Jahr, viele Überstunden sind unbezahlt und tauchen in keiner Statistik auf. Anwälte, die Familien von Karoshi-Opfern vertreten, warnen bereits: Die Signale aus der Regierung könnten eine „überholte Mentalität“ zurückbringen.

Politische Signale mit Sprengkraft

Besonders brisant: Takaichi lässt prüfen, ob die bisherigen Grenzen für Überstunden gelockert werden sollen. Die Reform von 2019, die das Maximum auf 45 Überstunden pro Monat begrenzte, sollte vor allem Frauen und Teilzeitkräfte entlasten. Takaichi stellt diese Reform nun offen infrage – offiziell, um Beschäftigten, die „freiwillig mehr arbeiten wollen“, neue Möglichkeiten zu bieten.

Kritiker sehen eher die Gefahr eines Dammbruchs. Schon heute berichten laut Arbeitsministerium 20 % der Unternehmen von Überstunden bis zu 80 Stunden im Monat – Werte, die bei Suiziden oft zur Anerkennung als Karoshi führen.

Symbolpolitik mitten in der Nacht

Als Takaichi um 3 Uhr morgens zu einer Besprechung ins Regierungsgebäude eilte, nur weil ihr Faxgerät streikte, brachte das sogar Parteifreunde zum Stirnrunzeln. Ein Beamter sagte der „Asahi“, die Premierministerin könne schlicht nicht schlafen, „wenn sie nicht alles selbst überprüft“. Während ihrer ersten Befragung im Haushaltsausschuss war die Müdigkeit in ihrem Gesicht sichtbar.

„Für gute Leistungen braucht man Pausen“, mahnte ein Abgeordneter – ein Rat, dem Takaichi zwar lächelnd zustimmte, aber bisher nicht folgt.

Ein Land zwischen Disziplin und Erschöpfung

Japan kämpft seit Jahren um ein neues Verhältnis zur Arbeit. Kürzere Arbeitszeiten, mehr Urlaub und Obergrenzen für Überstunden sollten ein Ende der jahrzehntelangen Kultur der Selbstausbeutung einleiten. Takaichi aber setzt wieder auf Härte, Disziplin und das Versprechen, durch pure Anstrengung politische Probleme lösen zu können.

Der politische Preis könnte hoch sein: Eine Premierministerin, die mit extremen Arbeitszeiten vorangeht, riskiert, dass Unternehmen den Druck auf ihre Mitarbeitenden erneut erhöhen. Genau das, wovor Experten warnen – und wogegen das Land seit Jahren anzukämpfen versucht.

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