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Klingbeil übernimmt Finanzressort – SPD-Mitglieder votieren mit Rekordmehrheit für Große Koalition


84,6 Prozent der SPD-Mitglieder haben dem Koalitionsvertrag mit der Union zugestimmt – ein Rekordwert bei zugleich historisch niedriger Beteiligung von nur 56 Prozent. Dennoch: Die Parteispitze wertet das Votum als starkes Mandat. Lars Klingbeil, bisher SPD-Chef, wird künftig das Finanzministerium übernehmen und als Vizekanzler auftreten. Damit wird ausgerechnet ein Außenpolitiker zum zentralen Architekten der künftigen Finanzstrategie.
Der Einstieg ins neue Amt erfolgt mit einer Mammutaufgabe. Wegen des Ampel-Aus gilt bislang nur eine vorläufige Haushaltsführung. Klingbeil muss nun in Rekordzeit einen Doppelhaushalt für 2025 und 2026 vorlegen – unter massiven Zeitdruck, denn die Sommerpause rückt näher. Gleichzeitig soll er ein 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für Infrastrukturprojekte aufsetzen und den Klima- und Transformationsfonds neu justieren. Viel Zeit zur Einarbeitung bleibt ihm nicht.
Finanzpolitisch startet Klingbeil mit einer Hypothek: In der mittelfristigen Finanzplanung klafft laut Ministerium eine Lücke von 110 Milliarden Euro bis 2029. Zwar wurde die Schuldenbremse reformiert, aber viele Milliarden aus Investitionstöpfen lagen zuletzt brach – Genehmigungen dauerten zu lange, Behörden waren überlastet. Jetzt soll das Geld fließen – schnell, sichtbar, wirksam.
Der frühere SPD-Generalsekretär kann dabei auf erfahrenes Personal zurückgreifen: Unter anderem soll Björn Böhning das Vizekanzleramt leiten, auch Spitzenbeamte aus dem Kanzleramt kehren ins Finanzministerium zurück. Doch der Weg ist voller Fallstricke. Experten warnen, das neue Schuldenpaket könne gegen EU-Regeln verstoßen – im schlimmsten Fall dürfte kein Cent ausgegeben werden. Klingbeil wird also auch europäisch verhandeln müssen – mit ungewissem Ausgang.
Die SPD will ihre Ministerriege erst am Montag präsentieren. Als gesetzt gelten Boris Pistorius (Verteidigung) und Bärbel Bas (Arbeit). Bei anderen Posten wird es intern heikel – ein angekündigter Generationswechsel könnte bisherige Kabinettsmitglieder wie Faeser oder Heil den Platz kosten. Ungeklärt bleibt zudem die Zukunft von Co-Chefin Saskia Esken. Ihr möglicher Wechsel ins Kabinett würde eine Neubesetzung an der Parteispitze erzwingen.
Nicht nur das Kabinett, auch die Fraktionsführung muss neu besetzt werden. Das Amt gilt als Schlüsselrolle für das Funktionieren der Regierung – und beide Parteiflügel erheben Anspruch. Genannt werden u. a. Hubertus Heil, Carsten Schneider und Matthias Miersch. Kompromisskandidat: Johann Saathoff.
Am Dienstag soll Friedrich Merz zum Bundeskanzler gewählt werden. Die Kanzlermehrheit ist knapp, aber rechnerisch gesichert. Ein Tag später folgt die Vereidigung. Die politische Agenda ist ambitioniert – und für Klingbeil beginnt sie mit einem Spagat: Stabilität garantieren, Milliarden bewegen und dabei die Handschrift der SPD erkennbar machen.

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