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Nidec greift an: Japanisches Traditionsunternehmen im Visier eines Milliarden-Deals
Wer wagt, gewinnt? So lautet offenbar die Devise von Nidec Corp., dem weltweiten Marktführer für Mini-Motoren. Das Unternehmen aus Kyoto hat ein Übernahmeangebot in Höhe von 257,3 Milliarden Yen (umgerechnet 1,6 Milliarden US-Dollar) für Makino Milling Machine Co. abgegeben – und sorgt damit in der traditionsbewussten japanischen Wirtschaft für Aufsehen. Der gebotene Preis: 11.000 Yen pro Aktie, satte 42 % über dem Schlusskurs vom Donnerstag.
Noch bevor die Börsen reagieren konnten, blieb Makinos Aktie aufgrund eines Überschusses an Kauforders ungetauscht, während Nidecs eigene Papiere in Tokio um bis zu 2 % stiegen. Die Botschaft war klar: Der Markt glaubt an Nidecs aggressiven Vorstoß – auch wenn dieser riskant ist.
Neue Führung, neue Strategie
Nidec ist bekannt für seine Präzisions- und Automobilmotoren, sieht sich jedoch mit fallenden Preisen in der hart umkämpften chinesischen Elektrofahrzeugbranche und stagnierender Nachfrage nach Festplatten konfrontiert. Unter der neuen Leitung von CEO Mitsuya Kishida – der im April den Platz des milliardenschweren Firmengründers Shigenobu Nagamori übernahm – sucht das Unternehmen nach lukrativeren Wachstumsfeldern. Und genau hier kommt Makino ins Spiel.
Makino Milling, ein wichtiger Zulieferer für Robotik-Giganten wie Daifuku und Fanuc, öffnet Nidec die Tür zu margenstarken Industrien. Dies könnte ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu Nagamoris ehrgeizigem Ziel sein, bis März 2031 einen Jahresumsatz von 10 Billionen Yen zu erzielen. Dafür ist Nidec bereit, tief in die Tasche zu greifen: Das Unternehmen hatte zuvor angekündigt, bis zu 1 Billion Yen für strategische Akquisitionen auszugeben.
Ein ungewöhnlicher Coup in Japans Wirtschaft
Doch das Angebot ist nicht nur wegen der Summe bemerkenswert. In Japan sind unaufgeforderte Übernahmen – auch als feindliche Übernahmen bekannt – selten und oft verpönt. Nidec ist jedoch nicht neu auf diesem Terrain. Erst letztes Jahr wagte das Unternehmen einen ähnlichen Schritt bei Takisawa Machine Tool Co., das schließlich zustimmte.
Der Fall Makino könnte jedoch komplexer werden. Bislang gab es keinerlei Gespräche zwischen den beiden Unternehmen. Nidec plant, die Zustimmung des Makino-Vorstands zu suchen, macht aber unmissverständlich klar, dass es die Übernahme auch ohne Zustimmung durchziehen würde – sofern die Bedingungen stimmen. Eine klare Kampfansage.
Markt und Machtspiel
Was treibt Nidec zu solch einem aggressiven Schritt? Experten sehen darin eine Kombination aus strategischer Notwendigkeit und Marktpositionierung. Die harte Preiskonkurrenz in China hat gezeigt, dass Nidec sein Portfolio diversifizieren muss. Die Übernahme von Makino würde nicht nur neue Geschäftsfelder erschließen, sondern auch die Abhängigkeit von volatilen Märkten wie der Automobilindustrie reduzieren.
Gleichzeitig sendet die Aktion eine klare Botschaft: Nidec ist bereit, das traditionell konservative japanische Geschäftsumfeld herauszufordern, um seine globale Dominanz auszubauen. Ob Makino diesen Angriff abwehrt oder sich fügt, bleibt abzuwarten. Eines ist jedoch sicher: Japans Wirtschaft wird diese Entwicklung aufmerksam verfolgen – und Nidec hat sich erneut als Motor des Wandels positioniert.