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Nvidia: Die Revolution der Robotik steht bevor
Nvidia, der unangefochtene Riese der Halbleiterbranche, wendet sich einer neuen Herausforderung zu: der Robotik. Das Unternehmen, das die Grundlage für den aktuellen Boom künstlicher Intelligenz (KI) gelegt hat, plant, mit einer bahnbrechenden Technologie die nächste industrielle Revolution einzuläuten. Dabei steht alles im Zeichen der „physischen KI“ – der Verschmelzung von generativer KI und humanoiden Robotern.
Im ersten Halbjahr 2025 wird Nvidia sein neuestes Kompaktmodul, den „Jetson Thor“, auf den Markt bringen. Diese Technologie ist darauf ausgelegt, humanoide Roboter mit nie dagewesener Intelligenz und Fähigkeit auszustatten. Deepu Talla, Vice President für Robotik bei Nvidia, beschreibt die Entwicklung als einen Wendepunkt: „Der „ChatGPT-Moment“ für physische KI und Robotik steht kurz bevor.“
Vom AI-Chip-Giganten zum Robotik-Visionär
Während Nvidia weiterhin der Platzhirsch im Bereich KI-Chips bleibt, wird der Wettbewerb zunehmend intensiver. Konkurrenten wie AMD und Cloud-Giganten wie Amazon, Microsoft und Google drängen verstärkt in den Markt. Die Strategie? Nvidia weniger abhängig von seinem Kerngeschäft zu machen und neue Industrien zu erschließen.
Das Unternehmen setzt auf eine „Full-Stack-Lösung“, die sowohl Software für das Training von KI-gestützten Robotern als auch die Hardware liefert, die diese antreibt. Dieser umfassende Ansatz soll nicht nur den Einstieg in die Robotik erleichtern, sondern Nvidia als unverzichtbaren Partner für die Entwicklung künftiger Robotik-Technologien etablieren.
Im Februar 2024 investierte Nvidia gemeinsam mit Microsoft und OpenAI in das Start-up Figure AI, das humanoide Roboter entwickelt. Der geschätzte Unternehmenswert von 2,6 Milliarden US-Dollar spricht für die Bedeutung, die dem Sektor zugemessen wird.
Herausforderungen und Durchbrüche in der Robotik
Die Robotikbranche bleibt trotz enormer Fortschritte eine Herausforderung. Viele Start-ups kämpfen mit Skalierungsproblemen, hohen Kosten und der Notwendigkeit, die Genauigkeit ihrer Produkte zu verbessern. Aktuell macht Robotik nur einen kleinen Teil von Nvidias Einnahmen aus, die im dritten Quartal 2024 bei 35,1 Milliarden US-Dollar lagen. Der Großteil dieser Umsätze stammt weiterhin aus dem Verkauf von KI-Chips.
Doch laut Talla hat die Robotikbranche zwei entscheidende technologische Durchbrüche erlebt: die Explosion generativer KI-Modelle und die Möglichkeit, Roboter in simulierten Umgebungen zu trainieren. Diese Simulationen – bekannt als „Omniverse“ – überwinden die sogenannte „Sim-to-Real-Gap“ und ermöglichen es, dass Roboter in der realen Welt effizient arbeiten.
„In den letzten 12 Monaten hat diese Technologie einen Reifegrad erreicht, der vor zwei Jahren unvorstellbar war“, sagt Talla. Nvidia bietet hier Lösungen in allen drei Entwicklungsstufen: Trainingssoftware (DGX-System), Simulationsplattform (Omniverse) und Hardware (Jetson).
Von autonomen Autos zur Robotik-Revolution
Die Ursprünge von Nvidias Jetson-Technologie liegen in der Entwicklung des Tegra-Chips, der zunächst für Smartphones gedacht war. Doch Nvidia pivotierte schnell und verlagerte rund 3.000 Ingenieure auf die Entwicklung von KI und autonomem Training. Daraus entstand 2014 die Jetson-Reihe, die heute als Gehirn für moderne Roboter gilt.
Toyota, Boston Dynamics und sogar Amazon setzen auf Nvidias Plattformen. Amazon hat beispielsweise die Robotik-Simulationstechnologie bereits in drei seiner US-Lagerhäuser integriert.
Der Blick in die Zukunft
Die Marktforschungsfirma BCC schätzt den weltweiten Robotikmarkt aktuell auf 78 Milliarden US-Dollar. Bis 2029 soll dieser auf 165 Milliarden US-Dollar anwachsen. Trotz der ambitionierten Prognosen bleibt ein zentraler Aspekt kritisch: die Sicherheit. David Rosen von der Northeastern University betont, dass es noch keine wirksamen Werkzeuge gibt, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit von maschinellen Lernsystemen in der Robotik zu garantieren. „Das ist eine der großen wissenschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit.“
Doch Nvidia scheint fest entschlossen, diesen Herausforderungen zu begegnen. Mit Jetson Thor und einer klaren Vision für die Zukunft der „physischen KI“ setzt das Unternehmen neue Maßstäbe – und könnte erneut beweisen, dass es nicht nur Trends erkennt, sondern sie auch gestaltet.