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US-Investoren in der Zwickmühle: Neue Regeln erschüttern China-Beteiligungen
Die Nachricht schlägt ein wie ein Blitz: Ab sofort dürfen US-Investoren ihr Geld nicht mehr in chinesische Unternehmen stecken, die Technologien wie Künstliche Intelligenz, Quantencomputing oder Halbleiter entwickeln – alles Schlüsselbereiche, die das Militär der Volksrepublik voranbringen könnten. Die neuen Maßnahmen der Biden-Regierung markieren einen Wendepunkt in der Wirtschaftsbeziehung zwischen den beiden Supermächten.
Für Venture-Capital-Firmen und institutionelle Investoren bedeutet das ein Rennen gegen die Zeit, um sicherzustellen, dass ihre Milliarden nicht unwissentlich die technologischen Ambitionen der chinesischen Volksbefreiungsarmee finanzieren. Zuwiderhandlungen drohen mit empfindlichen zivil- und strafrechtlichen Sanktionen.
Bindende Verträge und eine Flut an Due-Diligence
Die Regeln, die ab Donnerstag greifen, zwingen Investoren zu einer beispiellosen Sorgfaltspflicht. Sie müssen sicherstellen, dass ihre Gelder nicht in Unternehmen fließen, die unter die neuen Beschränkungen fallen. Dies erfordert „bindende vertragliche Zusicherungen“ von chinesischen Fondsmanagern, doch die Realität ist komplizierter, als es auf den ersten Blick scheint.
Einige institutionelle Investoren, darunter große Pensionskassen, konnten sich solche Zusicherungen bereits sichern. Andere hingegen wurden abgewiesen, wie Berater berichten, die an der Compliance-Planung beteiligt sind. Die Unsicherheit führt dazu, dass viele neue Investitionen in China auf Eis gelegt oder ganz gestrichen werden.
Die Herausforderungen gehen über die Vertragsgestaltung hinaus. „Das Problem ist, dass US-Investoren bindende Verträge mit Akteuren abschließen, die möglicherweise gezwungen sind, diese zu verletzen“, erklärt Phil Ludvigson, Experte für nationale Sicherheitsrisiken bei der Kanzlei King & Spalding. Chinesische Gesetze ermöglichen nämlich Gegenmaßnahmen gegen ausländische Sanktionen – ein rechtliches Minenfeld für alle Beteiligten.
Der Rückzug großer Namen: Ein Ende der „Dollarflut“
Bereits 2024 haben prominente Akteure wie Sequoia Capital und GGV Capital den Schritt gewagt, sich von ihren chinesischen Geschäftszweigen zu trennen. Andere folgen, da das Risiko, in Chinas Wirtschaft zu investieren, weiter steigt. Die Maßnahmen treffen eine Branche, die einst Milliarden in das aufstrebende Technologie-Ökosystem Chinas pumpte.
„US-Dollar-Fonds sind mit China fertig. Punkt“, sagt ein führender Manager eines amerikanischen Endowment-Fonds unverblümt. Die Hürden für neue Investitionen seien „50.000 Fuß hoch“. Tatsächlich verzeichnete China 2023 mit 3,7 Milliarden Dollar die niedrigste ausländische Direktinvestition seit den 1990er-Jahren – ein Rückgang von 60 Prozent.
Die Rolle der Mega-Investoren: Wer steckt wirklich drin?
Die Verstrickungen reichen tief. Fonds wie der California Public Employees’ Retirement Fund (CalPERS) oder der New York State Common Retirement Fund investierten in den letzten Jahren Milliarden in China. Zwischen 2020 und 2023 belief sich die Summe der 72 größten US-Pensionsfonds auf 68 Milliarden Dollar. Selbst hoch angesehene Institutionen wie die Yale University, die Hillhouse Capital mit einer Startinvestition von 20 Millionen Dollar unterstützte, waren maßgeblich am Aufbau der chinesischen Tech-Landschaft beteiligt.
Doch jetzt drohen diese Investitionen zu implodieren. Die Fonds müssen nicht nur existierende Verträge prüfen, sondern auch sicherstellen, dass die neuen Vorschriften eingehalten werden. Gleichzeitig steigt die Sorge, dass selbst unproblematische Sektoren von der weit verbreiteten Nutzung von KI betroffen sein könnten.
Trump, Tarife und ein bipartisans Konsens
Als ob die Spannungen nicht schon hoch genug wären, kündigte der designierte Präsident Donald Trump an, die Zölle auf chinesische Importe zu erhöhen – eine Maßnahme, die die ohnehin brüchigen Handelsbeziehungen weiter belasten dürfte. Hinzu kommt ein wachsender parteiübergreifender Konsens in Washington: Die USA müssen ihre technologische Überlegenheit schützen, insbesondere in militärisch sensiblen Bereichen.
Ein Bericht des US-Repräsentantenhauses vom Februar zeigt das Ausmaß der Problematik: Über drei Milliarden Dollar aus amerikanischen Venture-Capital-Fonds flossen direkt in Technologien, die Chinas militärische Kapazitäten stärken könnten. Dieser Druck hat die Biden-Administration zu einer noch härteren Gangart bewegt.
Ein Ende der goldenen Zeiten
Die goldenen Zeiten, in denen Silicon Valley-Milliarden ungehindert in Chinas florierende Technologiebranche flossen, scheinen vorbei. Namen wie HongShan – der ehemalige China-Ableger von Sequoia Capital – und Hillhouse Capital, die einst Milliarden aus den USA einsammelten, müssen sich nun neu positionieren.