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Zwischen Superreichen und Sozialstaat: Singapurs Regierung ringt um Balance vor den Wahlen

Mitten in der Debatte um soziale Gerechtigkeit und internationale Standortattraktivität steht Singapur vor einem politischen Spagat. Kurz vor den Parlamentswahlen am 3. Mai muss Premierminister Lawrence Wong den wachsenden Unmut über steigende Lebenshaltungskosten adressieren, ohne die superreichen Investoren zu vergraulen, die Singapur zum globalen Finanzzentrum gemacht haben.

In seiner Haushaltsrede im Februar verzichtete Wong bewusst auf neue Vermögensabgaben, setzte jedoch gezielte Entlastungen für untere Einkommensgruppen um: Supermarktgutscheine, Strompreisrabatte, Steuervergünstigungen für Familien. Gleichzeitig mahnte er zur gesellschaftlichen Balance: „Wer mehr hat, soll mehr beitragen.“ Die Kernbotschaft: Fairness, ohne Abschreckungskapital zu erzeugen.

Der Druck wächst. Die Wohlstandslücke in der Stadt ist in den vergangenen 15 Jahren laut UBS-Daten schneller gewachsen als in Großbritannien oder Japan. Während das durchschnittliche Vermögen seit der Finanzkrise 2008 um 116 % stieg, ist das Medianvermögen um 2 % gefallen – ein Indiz für zunehmende Vermögenskonzentration. Dennoch ist die Einkommensungleichheit, gemessen am Gini-Index, auf ein Zwei-Jahrzehntetief gefallen.

Vor allem die angekündigte Verschärfung der Steuerpolitik belastet das Vertrauen mancher Großvermögen. Die Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 24 %, massive Zuschläge auf Luxusautos und eine Verdopplung der Stempelsteuer auf Immobilienkäufe durch Ausländer auf 60 % sorgen für Unruhe unter milliardenschweren Familien. Einige prüfen laut Insidern Alternativen in Dubai oder Abu Dhabi.

Der Aufstieg Singapurs zur globalen Vermögensdrehscheibe verlief rasant: 2023 lebten dort laut UBS 47 Milliardäre – 13 mehr als im Vorjahr. Mehr als 2.000 Family Offices verwalten in der Stadt private Großvermögen. Allein 2023 zogen netto 3.500 Millionäre neu zu. Doch die Konkurrenz schläft nicht: Malaysia und Indonesien werben offensiv um Family Offices, ebenso wie Hongkong.

Wongs mahnende Worte im Herbst 2023 bei einem Investorenforum klangen deutlich: Wer in Singapur leben wolle, müsse sich an lokale Normen halten – auffälliger Luxus sei fehl am Platz. Der Ton mag abschreckend gewirkt haben, doch für viele Singapurer ist die Wahrnehmung von Ferrari-Kolonnen auf der Orchard Road schwer zu ertragen – insbesondere bei stagnierenden Reallöhnen und explodierenden Immobilienpreisen.

Ein Toyota Corolla kostet inklusive Fahrgenehmigung fast 200.000 Singapur-Dollar, einfache staatlich subventionierte Wohnungen erreichen auf dem Sekundärmarkt siebenstellige Beträge. Für Menschen wie Hayahti Ibrahim, alleinerziehende Mutter mit zwei Söhnen und einem Einkommen von knapp 3.100 SGD, ist der Alltag zunehmend unerschwinglich: „50 Dollar reichen kaum noch für den Wocheneinkauf.“

Gleichzeitig bleibt der wirtschaftliche Erfolg des Stadtstaates unbestritten. Doch das Fundament – politischer Konsens über Wohlstandsteilung – wird brüchiger. Die Regierungspartei PAP, die seit 1965 durchgängig regiert, möchte auch diesmal die Marke von 60 % Wählerzuspruch nicht unterschreiten. Um das zu schaffen, muss Wong vermitteln, dass Singapurs Rolle als Vermögensstandort nicht im Widerspruch zu sozialer Fairness steht.

„Die Regierung muss den Bürgern glaubhaft machen, dass der Status als Reichenhub mehr bringt als kostet“, sagt Eugene Tan von der Singapore Management University. „Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt.“

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