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Shein peilt milliardenschweren Börsengang in London an: Chancen und Risiken
Der chinesisch-singapurische Fast-Fashion-Gigant Shein bereitet sich darauf vor, 2024 möglicherweise eine der größten Börsennotierungen in Großbritannien zu werden. Mit einer angestrebten Bewertung von 50 Milliarden Pfund könnte das Unternehmen einen Platz im FTSE 100 Index einnehmen. Doch die Pläne sind nicht unumstritten, da Shein sowohl mit Vorwürfen zu Menschenrechtsverletzungen als auch mit Bedenken zur Unternehmensführung konfrontiert ist.
Shein, das für seine ultra-schnelle Modeproduktion bekannt ist, will von der kürzlich reformierten britischen Börsennotierungsregelung profitieren. Diese wurde geschaffen, um mehr wachstumsstarke und gründergeführte Unternehmen nach London zu ziehen. Allerdings wird das Unternehmen sowohl von Menschenrechtsorganisationen als auch von Investoren kritisch betrachtet. Eine britische Parlamentskommission plant, im nächsten Jahr die Unternehmensführung öffentlich zu befragen.
Shein steht unter Verdacht, von Zwangsarbeit in der chinesischen Region Xinjiang zu profitieren. Die Organisation Stop Uyghur Genocide hat in einem Schreiben an die britische Finanzaufsichtsbehörde (FCA) argumentiert, dass eine Zulassung von Sheins Börsengang „irrational“ sei. Shein betont hingegen, dass weniger als zwei Prozent seiner Baumwolle aus Xinjiang stammen und dass seine Lieferanten einem Verhaltenskodex zustimmen müssen, der Zwangsarbeit ausschließt.
Trotz dieser Zusicherungen bleibt das Thema brisant, insbesondere da Shein den Großteil seiner Produkte in China fertigt. Die Effizienz seiner Technologie und die Just-in-Time-Produktion sind jedoch wesentliche Wettbewerbsvorteile gegenüber traditionellen Fast-Fashion-Marken.
Bedenken gibt es auch hinsichtlich der Unternehmensführung. Sheins Gründer Sky Xu hält 37 Prozent der Anteile, und es wird erwartet, dass das Unternehmen ein duales Aktienklassensystem einführt, das seine Kontrolle über das Unternehmen weiter stärkt. Kritiker fordern, dass Shein eine unabhängige und ausgewogene Führungsstruktur schafft, um internationalen Standards gerecht zu werden.
Sheins Geschäftsmodell, das auf niedrigen Produktionskosten basiert, könnte durch steigende Löhne in China und potenzielle Zolltarife der Trump-Administration unter Druck geraten. Angesichts der Abhängigkeit vom US-Markt plant das Unternehmen, seine Produktion zu diversifizieren und Standorte außerhalb Chinas, wie in Brasilien und der Türkei, auszubauen.
Die FCA steht vor der Herausforderung, die Balance zwischen den Risiken einer Notierung und den Vorteilen für den britischen Kapitalmarkt zu finden. Sheins Börsengang würde den Londoner Finanzplatz stärken und neue Dynamik bringen, birgt aber gleichzeitig das Risiko von Governance-Problemen, wie sie bei früheren ausländischen Börsengängen aufgetreten sind.