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Bahn-Aufsichtsrat entscheidet über milliardenschweren Schenker-Verkauf – Gewerkschaft versucht, Deal zu kippen
Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn wird am Mittwoch über den geplanten Verkauf der Logistiktochter DB Schenker an den dänischen Wettbewerber DSV entscheiden. Der Verkaufspreis soll 14,3 Milliarden Euro betragen. Doch die Entscheidung könnte noch wackeln: Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) will den Deal in letzter Minute verhindern.
Die EVG hofft, weitere Mitglieder des Aufsichtsrats von ihrer ablehnenden Haltung überzeugen zu können, um den Verkauf noch zu stoppen. Dies berichtet die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf Gewerkschaftskreise. Auch die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtete über die geplante Gegenoffensive der Arbeitnehmervertreter. Sollte es der EVG gelingen, eine Mehrheit im 20-köpfigen Aufsichtsgremium zu mobilisieren, könnte die Entscheidung zugunsten des Verkaufs kippen.
Der Verkauf von DB Schenker würde für die Deutsche Bahn einen bedeutenden Schritt in der Unternehmensstrategie darstellen. Der gesamte Erlös soll für den Schuldenabbau verwendet werden, der zur Jahresmitte bei rund 33 Milliarden Euro lag. Damit würde sich die Bahn von einem der wenigen profitablen Geschäftsbereiche trennen, um die finanzielle Situation des Konzerns zu stabilisieren.
Die Logistiktochter DB Schenker erzielte allein im ersten Halbjahr 2023 einen operativen Gewinn (Ebit) von 520 Millionen Euro. Über das gesamte Jahr 2023 belief sich der Gewinn auf 1,8 Milliarden Euro. Schenker war es maßgeblich zu verdanken, dass der Bahn-Konzern nach den schweren Verlusten während der Corona-Pandemie zumindest zeitweise wieder in die Gewinnzone zurückkehrte. Kritiker befürchten, dass ein Verkauf des profitablen Unternehmensbereichs die Ertragskraft des Konzerns langfristig schwächen könnte.
Sollte es im Aufsichtsrat zur Abstimmung kommen und ein Patt entstehen, könnte der Aufsichtsratsvorsitzende Werner Gatzer mit seinem Doppelstimmrecht die Entscheidung für den Verkauf durchsetzen. Auf der Arbeitnehmerseite stehen neben der EVG auch Vertreter der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), deren Position zum Verkauf jedoch noch unklar ist. Die Arbeitgeberseite im Aufsichtsrat ist unter anderem durch Staatssekretäre und Bundestagsabgeordnete vertreten, die tendenziell eher für den Verkauf stimmen dürften.
Die Gewerkschaft EVG und die Arbeitnehmervertreter von Schenker hatten sich zuletzt eher einen Verkauf an den Private-Equity-Investor CVC Capital Partners gewünscht, der ebenfalls Interesse bekundet hatte. Sie befürchten, dass ein Verkauf an DSV zu einem größeren Stellenabbau führen könnte. Ob und wie der erwartete Erlös von 14,3 Milliarden Euro dem deutschen Schienenverkehr zugutekommen wird, ist weiterhin umstritten.
Ungeachtet der Unsicherheiten hat sich DB Schenker in den letzten Jahren als starke Ertragssäule des Bahn-Konzerns etabliert. Das Logistikunternehmen hat in Zeiten, in denen das Kerngeschäft der Bahn schwächelte, wichtige Gewinne beigesteuert. Die endgültige Entscheidung über den Verkauf wird daher als richtungsweisend für die künftige Ausrichtung des DB-Konzerns gesehen.