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EU will russischem Gas den Stecker ziehen – schrittweiser Ausstieg bis 2027 geplant


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Obwohl der Krieg gegen die Ukraine bereits ins dritte Jahr geht, bezieht die EU weiterhin große Mengen Erdgas aus Russland. Laut aktueller Kommissionszahlen lag der Anteil russischer Lieferungen 2023 bei 19 Prozent – deutlich reduziert, aber politisch weiterhin heikel. Vor allem über Flüssigerdgas (LNG) und Umleitungen wie die Turkstream-Pipeline bleibt Moskau ein bedeutender Lieferant. Die EU-Kommission will diesen Zustand nun beenden.
Demnach sollen bis Ende 2024 keine neuen Lieferverträge oder kurzfristige Spotmarkt-Käufe aus Russland mehr möglich sein. Bis Ende 2027 sollen dann auch bestehende Langfristverträge auslaufen oder beendet werden. Dies geht aus einer sogenannten Roadmap hervor, die EU-Energiekommissar Dan Jørgensen in Straßburg vorgestellt hat. Ziel sei es, Russlands Energieexporte nicht länger „als Waffe“ gegen Europa wirken zu lassen.
Für die Umsetzung ist ein komplexes Regelwerk geplant: Anstelle eines EU-weiten Embargos – das an Veto-Drohungen von Staaten wie Ungarn oder der Slowakei scheitern würde – will Brüssel über das Energierecht vorgehen. Nationale Parlamente müssten die Vorgaben in Gesetzesform übernehmen. Gesetzesvorschläge will die Kommission im Juni vorlegen.
Kritiker aus der Industrie wie auch aus der Politik befürchten rechtliche Fallstricke. Viele europäische Energieversorger, darunter das verstaatlichte Unternehmen Sefe, hängen in teuren „Take-or-Pay“-Verträgen mit Gazprom und Novatek. Diese verpflichten zur Zahlung vereinbarter Gasmengen, auch wenn gar keine Lieferungen mehr erfolgen. Ein vorzeitiger Ausstieg ohne formale Sanktionen könnte juristische Risiken bergen – Stichwort Schiedsgerichte. Die Kommission deutet jedoch an, dass die neue Rechtslage als „höhere Gewalt“ gewertet werden könnte.
Auch klimapolitisch markiert der Gas-Ausstieg einen Wendepunkt. Die EU hat ihren Gasverbrauch seit 2021 um 20 Prozent reduziert – ein Rückgang, den die Kommission mit Effizienzmaßnahmen, dem Ausbau erneuerbarer Energien und dem Ersatz fossiler Heizsysteme durch Wärmepumpen erklärt. Die LNG-Importe aus den USA wurden im gleichen Zeitraum auf 25 Prozent aller EU-Gaseinfuhren gesteigert – der wichtigste Partner bleibt Norwegen mit 30 Prozent.
Künftige Versorgungslücken will die Kommission durch neue Quellen in Katar, Kanada, afrikanischen Ländern und Aserbaidschan decken. Auch neue Pipelineverbindungen und Gasfelder, etwa in Rumänien, sollen mittelfristig helfen. Die Tür für weitere US-LNG-Importe steht offen – doch EU-Abgeordnete wie Michael Bloss (Grüne) warnen vor einer neuen Abhängigkeit: „Ein Deal, der Putin ersetzt, aber Trump liefert, kann nicht unser Ziel sein.“

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