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Japans Unternehmen und die SDGs: Nachhaltigkeit als Feigenblatt für Kapitalfehlallokation?

Japans Unternehmen schmücken sich gerne mit dem bunten Ring der Sustainable Development Goals (SDGs) – doch für viele Kritiker ist das mehr Symbolpolitik als echte Verpflichtung. Während das Land offiziell an einer nachhaltigen und sozial verantwortlichen Unternehmensführung festhält, bleibt die Realität oft eine andere: Shareholder-Interessen geraten hinter den gesellschaftlichen Anspruch zurück, und Kapital wird ineffizient eingesetzt.

Vor genau einem Jahrzehnt verabschiedeten die Vereinten Nationen die 17 SDGs, die unter anderem Armut, Ungleichheit, Hunger und Klimawandel bekämpfen sollen. Japan gehörte zu den eifrigsten Unterstützern: Bereits 2016 richtete die Regierung unter dem damaligen Premier Shinzo Abe eine „SDGs-Promotion-Zentrale“ ein, die ein umfassendes Engagement der Wirtschaft sicherstellen sollte. Der Wirtschaftsverband Keidanren übernahm schnell die SDG-Rhetorik, und selbst der staatliche Sender NHK produzierte eine eigens gewidmete Hymne.

Doch während Japan in der weltweiten SDG-Rangliste nur auf Platz 18 steht, dürfte es unangefochtene Nummer eins in Sachen sichtbarer SDG-Bekenntnisse sein. Der SDG-Anstecker ist allgegenwärtig, insbesondere auf den Anzügen von Topmanagern. Kritiker sehen darin weniger ein Zeichen echter Nachhaltigkeitsbestrebungen als vielmehr einen Deckmantel für verkrustete Unternehmensstrukturen, die sich dem globalen Shareholder-Kapitalismus entziehen.

Ein Problem: Viele börsennotierte Unternehmen in Japan verstehen sich nicht primär als Organisationen im Dienste ihrer Aktionäre. Stattdessen nutzen sie die SDGs als Vorwand, um sich gegen Investorenforderungen nach effizienterem Kapitaleinsatz zu wehren, so der Vorwurf eines Private-Equity-Managers in Tokio.

Parallel zu den SDG-Initiativen wurde in Japan vor zehn Jahren auch ein Corporate Governance Code eingeführt. Doch während dieser einerseits höhere Transparenz- und Effizienzstandards vorschreibt, hat er auch eine Grundsatzdebatte über den Zweck börsennotierter Unternehmen entfacht – eine Debatte, die angesichts steigender Zinsen und zunehmendem Druck von Investoren an Dynamik gewinnt.

Das zeigt sich in aktuellen Übernahmediskussionen: Die Regierung will Fusionen und Übernahmen erleichtern, um die Marktstruktur effizienter zu gestalten. Doch der Widerstand ist groß. Das kanadische Unternehmen Alimentation Couche-Tard etwa möchte die japanische Seven & i Holdings übernehmen. Kritiker fürchten jedoch, dass ein renditegetriebener Investor das soziale Engagement des Konzerns – etwa das Bereitstellen von Notfallhilfe nach Naturkatastrophen – zurückfahren könnte.

Auch das geplante Zusammengehen von Honda und Nissan stockte: Nissan bestand auf einer Fusion unter gleichen Bedingungen, obwohl die Marktkapitalisierung des Unternehmens nur ein Viertel der von Honda beträgt – eine Diskrepanz zwischen Selbstbild und wirtschaftlicher Realität.

Über Jahre konnten japanische Unternehmen eine ineffiziente Kapitalverwendung durch niedrige Zinsen und loyale Investorengruppen kaschieren. Doch die Zeiten ändern sich: Steigende Zinssätze, wachsende Shareholder-Forderungen und eine veränderte Marktdynamik setzen Unternehmen unter Druck.

Währenddessen hält sich hartnäckig die Erzählung, dass Japan von diesem Modell profitiert. Doch die Wahrheit könnte sich bald nicht mehr hinter dem glänzenden SDG-Abzeichen verbergen.

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