Ticker
ÖVP öffnet Tür für FPÖ-Koalition nach gescheiterten Mitte-Gesprächen
Nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos steht Österreichs politische Landschaft vor einem Umbruch. Bundespräsident Alexander Van der Bellen kündigte Gespräche mit FPÖ-Chef Herbert Kickl über eine Regierungsbildung an, während die ÖVP sich offen für Verhandlungen mit der rechtspopulistischen Partei zeigt. „Wenn wir eingeladen werden, werden wir Gespräche führen“, erklärte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker.
Kanzler Karl Nehammer hatte bisher eine Zusammenarbeit mit der FPÖ ausgeschlossen, unter anderem wegen deren Russland-freundlicher Haltung. Dennoch kündigte er seinen Rücktritt als Regierungs- und Parteichef an, nachdem er die SPÖ für das Scheitern der Ampel-Gespräche verantwortlich gemacht hatte. „Die destruktiven Kräfte in der SPÖ haben die Oberhand gewonnen“, so Nehammer in einer Videobotschaft.
Am Wochenende trafen sich führende ÖVP-Vertreter, um einen Nachfolger für Nehammer zu bestimmen. Laut „Kronen-Zeitung“ soll Christian Stocker die Partei interimistisch übernehmen. Stocker hatte in der Vergangenheit FPÖ-Chef Kickl scharf kritisiert, bezeichnete ihn als „Marionette Putins“ und warf ihm den Aufbau eines „Willkürstaats“ vor.
Die FPÖ, die die Wahl im September mit 29 Prozent der Stimmen gewonnen hatte, wittert nun ihre Chance. Umfragen deuten auf einen weiteren Anstieg ihrer Popularität hin, mit möglichen 35 Prozent bei Neuwahlen. Van der Bellen hatte bisher eine Regierung unter Einbezug der FPÖ abgelehnt, sieht sich nach den jüngsten Entwicklungen jedoch unter Zugzwang.
Ex-Kanzler Sebastian Kurz, der wegen Korruptionsermittlungen 2021 zurücktrat, steht als Nachfolger Nehammers nicht zur Verfügung. Die Rückkehr des einstigen Hoffnungsträgers wurde von Teilen der Partei erhofft, bleibt jedoch aufgrund laufender juristischer Verfahren ausgeschlossen.